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Honig und Römische Stadtbienen

Mein Bienenstand befindet sich jetzt im Park der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo.

Ich bin gelernte Gärtnerin und leidenschaftliche Imkerin. Ich mag das ganz "Alte" genauso wie mich das "Zeitgenössische" fasziniert.

Als ich 2007 meine Imkerei stadtbienenhonig in Berlin gründete, stellte ich Bienenstöcke auf leere Dächer, als eine Form der Aneignung von ungenutztem Raum, kombiniert mit dem Experiment, Bienen im Öffentlichen Raum fliegen zu lassen. Damals erzählten die alte Imker ihren Nachbarn nicht, dass sie Bienen im Garten haben, weil sie nicht wollten, dass sie sich erschrecken und aufregen.

Ich lud viele Freunde ein, um die Erfahrung zu teilen und eine Diskussion über die Rolle der Bienen und die Verbindung zwischen ihrem Leben und unserem anzuregen.

In der Zwischenzeit bin ich nach Rom umgezogen, wo ich jetzt einen kleinen Bienenstand an der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo betreue. Wir arbeiten auch daran, den 100 Jahre alten Park in einen bienenfreundlicheren städtischen Naturraum zu verwandeln. Die letzten drei Jahre der Honigernte waren schon interessant, was den Geschmack des Honigs angeht, aber in Zukunft wird es noch aufregender werden, wenn all die jungen Bäume, die wir im letzten Winter gepflanzt haben, sich als Nektarquellen etablieren, nicht nur für unsere Honigbienen, sondern für alle Bienen in der Nachbarschaft.

Ich liebe Honig und ich liebe es, ihre Überlebensstrategien zu beobachten. Manche Bienenvölker sind ewig, andere eher kurzlebig. Je weniger man eingreift, desto besser, was bedeutet, dass man sich um sie kümmert und sie auf hohem Niveau beobachtet. Bienen sind die Künstler - bei der Herstellung von Honig, der Produktion von Wachs, dem Bau von Waben und dem Überleben über Jahre hinweg. Gemeinsam können wir etwas schaffen, das man Natur_Kultur nennt.

Die besten Momente für die Ernte studieren

Honig ist ein Trägerstoff: Er ist ein Naturprodukt, das ausschließlich von Honigbienen hergestellt wird. Die Bienen suchen im Umkreis von 3 km um die Bienenstöcke nach Nahrung und sammeln Wasser, Nektar und Pollen. Außerdem produzieren sie Enzyme. Die Herstellung von Honig ist ein komplexer Prozess innerhalb des Bienenstocks. Jeder Honig erzählt eine Geschichte. Er ist das Ergebnis einer Kombination aus Wetter, Stimmungen in den Bienenstöcken, Pflanzenvielfalt und Imkertätigkeit, die Spuren im Honig hinterlassen. Honig bewahrt ein Gedächtnis. Ich habe viele Studien mit meinen 20 Bienenfamilien in Berlin durchgeführt, die auf Dachterrassen in der ganzen Stadt verteilt sind. 

Die mediterrane Flora und das Klima sind sozusagen das Gegenteil. Ich arbeite immer noch an dem neuen Rhythmus der Bienenstöcke und der neuen Bienenflora, um guten Honig zu machen. In Rom haben wir subtropisches Klima und erleben im September/Oktober einen zweiten Frühling. Letztes Jahr war es sogar so etwas wie ein Frühsommer. Ist das ein Zeichen des Klimawandels oder war das eine Ausnahme?

Ich konnte schon Anfang November Honig ernten. Das war überraschend: Die Farbe, der Geschmack und die Zeit des Jahres. Eriobotrya japonica war die Hauptnektarquelle! Dabei handelt es sich um eine eingeführte Baumart, die ursprünglich aus Asien stammt und im Oktober blüht. Die weißen Blüten duften wie Marzipan, und der Honig auch...

Honig zeigt umgewandeltes Sonnenlicht, wenn der Honig in frischen Wachswaben reift. Weiße Waben sind durchlässig und nach der Reifung behält der Honig ein gleißendes Licht. Wenn du Honig in ein Glas gießt, bildet er ein Band. Er fließt nicht wie Wasser. Er faltet sich.

Zum Sommerhonig gehören: Robinie, Ailanthus, Ligustrum, Myrte, Malve, Thymian

Zum Frühsommerhonig gehören die winterblühenden und früh blühenden Pflanzen: Mandel, Pfirsich und Zitrusfrüchte, Rosmarin, Echium, Lavandula, Viola - er hat viel mehr Bernsteinfarbe.

Ein Honig gleicht niemals einem anderen Honig und so kann man niemals von Honig als Singularität sprechen. Honig ist planetarisch. Eine ganze Welt spiegelt sich in ihm wider. Das liegt daran, dass viele Faktoren die Zusammensetzung und Beschaffenheit beeinflussen: Witterung, Nektar- und Pollenangebot im Flugkreis, Gesundheitszustand des Bienenvolkes, seine Behausung, also auch der Standort und die Pflege der Bienen. In Berlin gibt es fünf Hauptbaumnektarquellen. Dies ist die Grundlage für eine gute Nektar- und Pollenversorgung unserer Bienen und für eine schöne Honigernte.



Mein Dachhonig zeichnet sich durch den Geschmack der Hauptbaumarten sowie durch einen relativ geringen Wassergehalt aus. Er liegt zwischen 14,5 % und 17 %. In diesem Zustand ist frischer Honig eher zähflüssig, reifer Honig im Herbst eher kristallisiert. Ich rühre den Honig nur sehr wenig, um die innere Verbindung zu erhalten. Beim Rühren gebe ich daher nur wenig Schwung. Dann kann es passieren, dass der Honig im Winter Honigblüten schleudert. Dies ist ihm zu verzeihen. Im Geschmack bewegt sich das Jahr von holzig über minzig bis kräftig.



Der Frühjahrshonig wird im Mai geerntet. Er ist eine Mischung aus Nektar von Spitzahorn, Rosskastanie und Kirsche und Frühlingsblumen wie Vergissmeinnicht. Die Farbe ist rötlich bis kastanienbraun. Er bleibt lange Zeit flüssig und klar. Sein Geschmack: eher holzig bis nussig-fruchtig.



Der Frühsommerhonig wird Mitte Juni geerntet. Er ist von der Robinie geprägt. Der Geschmack reicht von süßlich-mild und grünlich schimmernd bis krautig, minzig mit einem Hauch von Bergamott. Dieser Honig bleibt lange Zeit flüssig.

Der Sommerhonig wird Ende Juni/Anfang Juli geerntet. Er ist kräftiger, gelber, dunkler und er kristallisiert schneller. Er ist geprägt von der Linde, dem Götterbaum und der Maronenkastanie. Je nach Zeitpunkt des Schleuderns enthält er auch Honigtau von der Linde, wodurch er noch kräftiger und malziger schmeckt.

Honigernte

Normalerweise ernte ich mehrmals an den Bienenständen, aber immer nur wenige Waben. Ich achte auf reifen Honig. Mein Honig wird von Hand geschleudert und in jedem Schritt sorgfältig behandelt. Honig ist ein Träger und er hat ein Gedächtnis. Echter Honig ist gesund und regt unseren Geist an. In meiner Imkerei ist es ein Spiel mit vielen Unbekannten und so schmeckt der Honig jedes Jahr anders.

Honiganalyse

Die Qualität meines Honigs zeichnet sich vor allem durch einen niedrigen Wassergehalt (unter 17,5 %) (pdf 701 Wassergehalt) und eine hohe Invertaseaktivität aus. (https://www.honig-verband.de/waermeschaedenwas-uns-das-enzym-invertase-ueber-honig-verraet)

Dies ist ein Wert, der die Enzymaktivität und die Zuckerumwandlung im Honig anzeigt und gilt als ein Zeichen der Naturürlichkeit selbst. Wird Honig erhitzt oder ist er alt, sinkt der Wert und damit auch die Aktivität. Auf dem globalen Honigmarkt wird ein Mindestwert von 64 gefordert. Bei den Analysen lag mein Spitzenwert über 400.

Einige Inhaltsstoffe, wie z.B. Inhibine (Substanzen, die Bakterien hemmen), sind hitze- und lichtempfindlich. Deshalb ist es wichtig, den Honig für den Verzehr nicht zu erhitzen. Außerdem wird er gerne an einem trockenen, kühlen und dunklen Ort gelagert, also im Schrank.

Ich bevorzuge es, reine Blütenhonige zu ernten. Dies zeigt sich in den jährlichen Honiganalysen durch den elektrischen Leitfähigkeitswert von weniger als 0,5 mS/cm.

Die Pollenanalysen zeigen u.a. auch, wie groß die Pflanzenvielfalt in Berlin ist! Für jede Analyse wurden mehr als 500 Pollenproben untersucht. 

Diese lassen sich auf 25 verschiedene Pflanzen und Pflanzengattungen zurückführen. Ein Traum!

Über mich

Ich beschäftige mich mit Mensch-Natur-Beziehungen im urbanen Raum. Ich interessiere mich für zeitgemäße Pflegemassnahmen. Ich mag es, im Garten zu arbeiten, mit meinen Händen den Boden zu berühren. Ich liebe es zu imkern. Ich beschäftige mich mit einer Neuinterpretation der Imkerei im urbanen Kontext. Sie soll eine spirituelle Verbindung zu den Bienen gleichermaßen miteinbeziehen wie eine zeitgemäße Technik. Es geht darum, die Bienen zu gleichen Teilen als Wildtiere, Haustiere und Nutztiere anzuerkennen, ferner geht es darum, einen täglichen Moment mit ihnen zu teilen - jedoch nicht im eigenen Garten, sondern auf öffentlichem oder/und ungenutztem Land, köstlichen Honig zu ernten, alles handgemacht und in einem langsamen Tempo, von Nektarquellen, die zur Stadt gehören und die als "commons" genutzt werden können, und es geht darum, den guten Honig unter Freunden zu verteilen.